Exhibition

Country. Photography

28.06.2022 -
03.10.2022

STEPHANIE KIWITT/ JENS KLEIN/ MATTHIAS ZIELFELD

Fotografien sind Untersuchungen unserer Lebensrealität – sei es in den Weiten der Provinz, in der sozialen Interaktion oder in den Bildwelten der Vergangenheiten.
Stephanie Kiwitt, Jens Klein und Matthias Zielfeld nähern sich diesen Erkundungen mit verschiedenen Mitteln der Fotografie, ohne dabei das Dokumentarische, Nüchterne und Unbearbeitete aus den Augen zu verlieren. Sie erzeugen eine Nähe zum Objekt und vermitteln doch den Eindruck von Distanz. Die unterschiedlichen Serien der Künstler*innen gewähren mittels der Fotografien des Urbanen, des menschlichen Miteinanders und von Archivfotos ein Blick auf „DAS LAND“

In den ihren ortsbezogenen Arbeiten entwickelt Stephanie Kiwitt (geb. 1972 in Bonn, lebt in Halle) jeweils spezifische fotografische Sichtweisen und überführt diese in verschiedene Strukturen der Präsentation. Kiwitts Interesse liegt in der sorgfältigen Analyse alltäglicher Orte (Parkplätze, Fitnesscenter, Discounter), die Phänomene unserer Zeit repräsentieren. Mit den aktuellen Arbeiten, „Flächenland" und „fortlaufend" (beide 2022), stellt Kiwitt landschaftliche Räume und Ausschnitte architektonischer Flächen einander gegenüber und setzt somit subjektive Erzählungen und Aufnahmetechniken miteinander ins Verhältnis. Die sich aufeinander beziehenden Serien zeigen durch ökonomische und gesellschaftliche Prozesse geschaffene Lebensräume in Sachsen-Anhalt, deren Umgestaltung andauert. Die installative Präsentation wurde eigens für den Ausstellungsraum entwickelt.

Jens Klein (geb. 1970 in Apolda, lebt in Leipzig) arbeitet als Fotograf zumeist mit gefundenen Bildaufnahmen. Er stellt seine Bildreihen aus den Materialien fotografischer Archive zusammen und entwickelt eigene fotografische Erzählungen. Er dokumentiert und hinterfragt den Gebrauch oder auch Missbrauch von Fotografie. Keine der von Klein genutzten Aufnahmen entstanden mit künstlerischen Ambitionen, oft bleiben die Fotograf*innen anonym. Nicht selten waren es praktische Interessen, diese Bilder aufzunehmen, zumeist, um Personen, Szenen, Objekte für die Erinnerung festzuhalten.
So kann die Fotoserie „Bewerberinnen/Bewerber“ (2017) als ein historisches Dokument, das die Geschichte der Fotografie widerspiegelt, gelesen werden. Passbilder von Stipendiat*innen aus dem Archiv des Evangelischen Studienwerks Villigst e. V. von 1950 bis 2012 zeigt die Reihe und verdeutlicht, wie sich die Selbstdarstellung und das Medium Fotografie verändert haben: von schwarz-weiß zur Farbe, vom analogen hin zum digitalen Medium, vom aufwendigen Studiobild zum schnellen Automatenfoto.

Auf den ersten Blick haben die Entstehungsmethoden der Bildessays von Matthias Zielfeld (geb. 1976 in Esslingen am Neckar, lebt in Leipzig) aktionistische Züge. „das heft deutschland 6“ zum Beispiel zeigt Aufnahmen aus einer Aldi-Filiale in Leipzig: Menschen, die in Zeitungen stöbern, Einkaufszettel überprüfen, an der Kasse anstehen oder Zutatenlisten lesen. Es sind Momente des banalen Alltäglichen, die Zielfeld einfängt. Tatsächlich aber geht es dem Fotografen darum, das Klima sozialer Räume und sozialen Verhaltens mit der Kamera auszutesten und fotografisch zu reproduzieren. Seine fotografischen Streifzüge führen ihn gezielt über bevölkerte Plätze, an Straßenkreuzungen oder über Baustellen.
Zielfeld überschreibt seine Fotoserien mit „das heft deutschland“, wobei jede Reihe ihr eigenes Konzept besitzt. „In jeder Ausgabe biete ich einen jeweils spezifischen Blick auf etwas, das ich mit „deutschland“ betitele. Ich erwarte eine Interferenz zwischen dem Titel und dem Inhalt der jeweiligen Ausgabe.“ Matthias Zielfeld

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Matthias Zielfeld, aus das heft deutschland 10, 2010/12
Stephanie Kiwitt, aus der Serie "Flächenland", 2022
Stephanie Kiwitt, aus der Serie "Flächenland", 2022
Stephanie Kiwitt, aus der Serie "Flächenland", 2022

Exhibition

John Smith

Waldeinsamkeit. Films from the 21st Century

08.03.2022 -
06.06.2022

FILME DES 21. JAHRHUNDERTS

Filmemacher*innen sind Beobachter*innen. In seiner typischen Dramaturgie, welche dokumentarisches Material experimentell aufbricht und mit humoristischen Elementen unterlegt, entwickelt John Smith filmische Erzählungen, in welchen die gegebene Realität ins Wanken gerät und Alternativen durchgespielt werden.

Darin äußert sich immer wieder subtil die Frage nach dem einzelnen Menschen und seinem Ort in der Welt. Nach wie vor entstehen die Videos von John Smith vorwiegend allein und mit relativ geringem technischem Aufwand, allerdings hat sich das Blickfeld seiner Kamera inzwischen weit über London hinaus geweitet. Seine aktuellen Filme beschäftigen sich oft mit politischen Ereignissen der Welt, aber er findet seine Themen weiterhin in persönlichen Erfahrungen und im Alltag.

Die Ausstellung ist die zweite Begegnung mit dem filmischen Werk von John Smith im Kunstmuseum Magdeburg. Seit der Kurz- und Experimentalfilmer 2005 in Magdeburg seine erste Einzelausstellung in einem Museum überhaupt hatte, ist sein Name aus dem internationalen Kunst- und Museumsbetrieb nicht mehr wegzudenken. Wenngleich seine Arbeitsweise sich inzwischen nicht grundsätzlich verändert hat, wird er heute als Videokünstler angesehen, der mit seinen Filmen maßgeblich am historischen Erfolg der Entwicklung von Videokunst beteiligt war und immer noch ist. Der Schwerpunkt der aktuellen Präsentation liegt auf den beiden letzten Jahrzehnten.

John Smith, Horizon (Five Pounds a Belgian), 2012
John Smith, Covid Messages (Still), 2020

John Smith wurde 1952 in Walthamstow, London, geboren. Er studierte an der North-East London Polytechnic und dem Royal College of Art. Seine frühen Arbeiten sind von der Konzeptkunst und dem Strukturellen Film inspiriert, ebenso faszinierte ihn die immersive Macht des Narrativs und des gesprochenen Worts. Daraus entwickelte er ein vielfältiges Œuvre, welches die wahrgenommenen Grenzen zwischen dem Dokumentarischen, Fiktion, Repräsentation und Abstraktion unterwandert. Oft im Alltag verwurzelt, erkunden und entlarven seine akribisch gestalteten Filme spielerisch die Sprache des Kinos.
Heute lebt und arbeitet Smith in London. Er ist emeritierter Professor of Fine Art der University of East London.

Seit 1972 hat Smith über 60 Film-, Video- und Installationsarbeiten gemacht. Für sie erhielt John Smith bedeutende Preise von internationalen Film Festivals in Oberhausen, Leipzig, Hamburg, Stuttgart, Graz, Genf, Uppsala, Pamplona, Bordeaux, Lucca, Palermo, Split, Cork, Seoul, Ann Arbor und Chicago. Ihm wurde der Paul Hamlyn Foundation Award für Künstler in 2011 verliehen, und in 2013 war er der Gewinner des Film London's Jarman Award. Sein Werke befinden sich in zahlreichen Museumssammlungen.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Publikation zur Ausstellung:

John Smith - Waldeinsamkeit. Films from the 21st Century
Hrsg. von Annegret Laabs und Uwe Gellner
Text dt/engl.: Erika Balsom, Annegret Laabs, Dana Margarete Adele Bulic, Uwe Förster, Uwe Gellner, Theresia Ilchmann
Übersetzung: Michael Wetzel (ins Englische), Logan Kennedy & Leonhard Unglaub, adrem (ins Deutsche)
120 S., zahlreiche Abb., Softcover
VfmK Verlag für moderne Kunst GmbH
ISBN 978-3-903572-94-2
Preis: 25,00 Euro

Exhibition

Commuters

Eléonore de Montesquiou

09.07.2022 -
28.08.2022

Eléonore de Montesquiou describes the everyday life of young women from the Polish-German border region. In sensitive observations, she documents a reality of life in Germany that is not seen or registered, even though it is part of the realities of our time.

The rapidly merging Europe of West and East and the increasing loss of national and regional sovereignty in politics and the economy often only provide subsidized major events for the associated cultural change. Old and new cultural traditions and lifestyles remain in the blind spot of public perception as long as they cannot be commercialized in a folkloristic and tourist way.
Eléonore de Montesquiou shows the rarely discussed reality of her own generation, for whom change and a life in transit are normal.

Eléonore de Montesquiou was born in Paris in 1970 and lives and works in Berlin. In the French-Estonian artist's documentary-style film works, her camera becomes “the voice of these voiceless people” that she shows, writes critic Thibaut de Ruyter.

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Exhibition

Dieter Goltzsche

Landscape with Advertising Column

26.09.2021 -
20.02.2022

Dieter Goltzsche ist Zeichner. Seine Bildwelt entfaltet sich auf vergleichsweise kleinen Formaten, eben auf Papier. Doch das Format begrenzt nicht seinen Zeichenstil, der schrankenlos in der erfindungsreichen Anwendung zeichnerischer Mittel ist – so als würden es weit mehr als die Dinge vor unseren Augen sein, die seine Zeichenkunst inspirieren.

 

Eine bemerkenswert große Auswahl von Zeichnungen, Aquarellen, Lithografien und Siebdrucken hat Dieter Goltzsche dem Kunstmuseum Magdeburg als Schenkung offeriert. Fast 300 seiner Werke sind in der Ausstellung „Landschaft mit Litfaßsäule“ zu sehen. Die gezeigten Arbeiten illustrieren das umfangreiche, über sechs Jahrzehnte währende Schaffen Goltzsches, angefangen bei seiner Diplomarbeit „Ballett“ von 1957 bis hin zu Tempera und Tusche-Arbeiten, die 2021 entstanden sind.

Vertiefen wir uns in die Zeichnungen und Grafiken von Dieter Goltzsche und entdecken darin zuweilen Anspielungen, beispielsweise auf Max Beckmann, Henri Matisse, Pablo Picasso oder Paul Klee, dann sind das Indizien bewusster Verehrung, die der Zeichner sich zugesteht. In vergleichbarem Bekenntnis zur zeitgenössischen Literatur und zur Musik scheinen ihm ebenso beispielsweise die bildhafte Sprache Gottfried Benns oder Federico García Lorcas und die Klangfolgen und Rhythmen Eric Saties in die zeichnende Hand zu spielen.

Dieter Goltzsche, Südlicher Strand, 1971 © VG Bild-Kunst Bonn, 2021

Neben der ausgeprägten Beobachtungsgabe äußern diese Blätter das feine Gespür ihres Autors, bis in die Tiefen der Gesellschaft zu blicken. Was sich auf Dieter Goltzsches Zeichnungen und Grafiken darstellt, ist alles andere als die sture Auflistung der äußeren Welt mittels Linien und Bildmustern auf Papier, vielmehr begegnet den Betrachter*innen das unvorhersehbare Leben in all seinen Aspekten im Ausdruck erfindungsreicher Bildpoesie. Der Moment der Zeichnung wirft mit wenigen Linien und Notizen ein Licht auf das Leben. So auch mit der Lithografie „Landschaft mit Litfaßsäule“, die der Ausstellung ihren Titel gibt. Neben Porträts und Landschaften sind es humorvolle, zum Teil kuriose Motive, die Gegenstand seiner Arbeiten sind.

Der 1934 in Dresden geborene Künstler studierte bei Hans Theo Richter und Max Schwimmer an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Als Meisterschüler der Akademie der Künste kam er 1958 nach Berlin, wo er seither lebt. Seit 1990 ist er Mitglied der Akademie der Künste Berlin. Von 1992 bis 2000 war er Professor für Malerei und Grafik an der Kunsthochschule Berlin-Weißensee. Goltzsche erhielt zahlreiche Auszeichnungen u.a. den Käthe-Kollwitz-Preis der Akademie der Künste der DDR, den Hannah-Höch-Preis des Landes Berlin sowie den Hans Theo Richter-Preis der Sächsischen Akademie.

Mit Dieter Goltzsche würdigt das Kunstmuseum Magdeburg erneut in umfassender Weise ein Lebenswerk, dessen selbstbestimmter Ausdruck in der DDR keineswegs selbstverständlich war. Wie beispielsweise Max Uhlig, Werner Stötzer, Peter Herrmann oder Horst Bartnig, deren Schaffen das Kunstmuseum in der Vergangenheit vorstellte, ist Dieter Goltzsche dem singulären Kreis einer Künstlergeneration zuzurechnen, die sich mit Konsequenz den Bedrängnissen des Realismus in der DDR verweigerte, und der es gelang, über den eng gezogenen Rand des politischen Alltags hinaus an der Moderne, also am autonomen künstlerischen Denken, festzuhalten.

Es verleiht der Ausstellung in Magdeburg besonderes Gewicht, dass Dieter Goltzsche sämtliche darin gezeigten Werke dem Kunstmuseum Magdeburg übereignet. Seine Blätter bereichern die Sammlung des Kunstmuseums mit einer substanziellen kunstgeschichtlichen Position.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Exhibition

Frieder Heinze

Topsy-Turvy

08.03.2022 -
06.06.2022

Die Bilder Frieder Heinzes scheinen ein Fenster in eine Art Paralleluniversum zu öffnen. Merkwürdige Wesen bevölkern es. Kleine Monster blicken uns aus großen, runden Augen an, Autos fliegen herum, Tiere gesellen sich dazu. Die Werke Frieder Heinzes sind richtungslos – Kopfüber-Kopfunter.

Frieder Heinze wurde 1950 in Leipzig geboren und lebt seit 1991 in Großpelsen, Leisnig. Er studierte an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig bei Werner Tübke und Wolfgang Mattheuer, wurde anschließend Meisterschüler bei Tübke und Bernhard Heisig. Ab 1977 beginnt Heinze mit bildhauerischer Arbeit bei Günther Huniat und arbeitet freischaffend in Leipzig. Schon zu Studienzeiten knüpfte Heinze intensive künstlerische Kontakte zu „unangepassten“ Künstlern und war 1984 Mitinitiator der wohl bedeutendsten non-konformen Ausstellung in der DDR, dem 1. Leipziger Herbstsalon.

Die Werke Frieder Heinzes laden dazu ein, seine eigenen Geschichten in den Bildern zu lesen. Sie mögen auf den ersten Blick kindlich-naiv anmuten, doch die rätselhafte Zusammensetzung von Figur, Form und Farbe lässt alles offen, macht jedes Bild zu einem Rätsel, das sein Geheimnis nie preisgeben wird.

Kinder der Kinder.Kunst.Klassen haben sich die Werke von Frieder Heinze genauer angeschaut und ihre eigenen Geschichten zu den Werken geschrieben und vorgelesen. Geschichten anhören

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Exhibition

Hans-Wulf Kunze

Fish Cannery, 1985-1990

26.09.2021 -
20.02.2022

Die Zeichen der Zeit sind noch andere, als Hans-Wulf Kunze den speziellen Ort auswählt, um seine fotografischen Untersuchungen über die Arbeit in der Industrie fortzuführen: Es ist der VEB Fischindustrie Magdeburg, Große Diesdorfer Straße.

 

Seine Aufnahmen zeigen ausschließlich junge Menschen. Vergleichbare Bedingungen von Ausbildung und Produktion, wie auf diesen Bildern, sind damals nichts Ungewöhnliches und doch öffnen diese Schwarzweiß-Aufnahmen heute den Blick in eine kaum noch greifbare Vergangenheit.

Nichts ist oder wirkt inszeniert – die weiß gekachelten Räume, die großen Igelit-Schürzen der jungen Frauen und Männer, das laute Scharren der Gitterboxen, das Spritzwasser beim Abbürsten der Wände, das Keuchen bei der Arbeit und der allgegenwärtige Geruch. Alles ist präsent, auch was sich außerhalb des sichtbaren Bildausschnitts der Kamera abspielt.

In teils faktischer, teils expressiver Nahsicht dient alles auf diesen Fotografien dazu, den Platz der jungen Menschen hier zu beschreiben; irgendwie verloren, selbst aus dieser Nähe betrachtet. Die geringe Distanz zur Kamera, bezeugt auch eine Vertrautheit zwischen ihnen und dem Eindringling, dem Fotografen, wie sie heute schwerlich vorstellbar ist. Die Wertung des Fotografen zeigt sich in der kritischen Genauigkeit seiner Beobachtungen, in seiner Achtung vor der Leistung schwerer Arbeit, was die behutsame Schilderung dieser jungen Arbeiter*innen bezeugen, die um ihren Selbstanspruch im Leben ringen. Im offenen Blick in seine Kamera finden wir diese Frage an ihre Zukunft festgehalten.

Die Aufnahmen lassen sich nicht dokumentarisch aneinanderreihen, vielmehr im persönlichen Empfinden für die damalige Situation im Ausblick des endlos wiederkehrenden Alltags, der von ihrem Leben bereits Besitz ergriffen hat. Was niemand und auch Hans-Wulf Kunze nicht ahnen konnte: Er fotografierte zuletzt in den Umbruch hinein, der für viele Arbeitsfelder zunächst den Abbruch bedeutet, und der auch für die Fotografie veränderte Regeln mit sich brachte. Nie wieder konnte der Fotograf später diese Nähe zu laufenden Produktionsabläufen in Magdeburg herstellen. Hans-Wulf Kunze ist kein Unbekannter in seiner Heimatstadt. Diese Serie wird nach drei Jahrzehnten erstmals in diesem Umfang öffentlich gezeigt. Sie ist eine Schenkung an das Kunstmuseum.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Exhibition

Liliane Tomasko

Morpheus

07.09.2021 -
23.01.2022

Ähnlich wie der Gott der Träume, Morpheus, sich in jede beliebige Gestalt verwandeln kann, durchlaufen auch die Werke von Liliane Tomasko eine Transformation. Beginnend mit einem Traum, der immer auch einen Blick in die Seele preisgibt, schafft sie geheimnisvolle, metaphorische Werke voller Energie und innerer Kraft.

Sie hält eine Welt zwischen Wachen, Schlafen und Träumen auf Leinwand, Aluminium oder Papier fest und fängt den flüchtigen Moment zwischen diesen Zuständen, zwischen Bewusstsein und Unbewusstsein, ein. Tomasko zieht ihre Inspirationen aus diesem Zwischenstadium, befindet man sich doch weder in der einen noch in der anderen Welt und doch sind sie beide verbunden. Diese Momente des Werdens faszinieren sie.

Die in der Ausstellung „Morpheus“ im Kunstmuseum Magdeburg gezeigten Werke entstanden zwischen 2018 und 2020 und erzählen vom Schwellenzustand und den Gegensätzen zwischen Tag und Nacht, Wachen und Schlafen. Die Bandbreite ihrer Gemälde reichen von vibrierenden Bildern voll Licht und Wärme bis hin zu Arbeiten, die von starken Schwarz-Weiß-Kontrasten bestimmt sind – ein Tanz zwischen Licht und Dunkelheit.

„Ich versuche immer, die Kluft zwischen Schlaf- und Tageszeit zu überbrücken, eine Beziehung zwischen beiden herzustellen und sie irgendwie näher zu bringen.“ Liliane Tomasko

a dream of: LIGHTING UP THE DARK, 2018
Hold on to Yourself: 5/24/2020, 2020

So zeigt das Werk „Morpheus“ (2018) über das Format fließende Linien. Sie konzentrieren sich in tiefem Schwarz, das irgendwie bedrohlich anmutet, werden überlagert von einem vertikalen Streifen von durchscheinendem Pink und zarten, hellen Bändern. Sie wirken wie Laken, die über Interieur einer leerstehenden Wohnung gelegt werden. Die Stofflichkeit dieser Farbbänder wirft die Frage auf, was sie verdecken: Was schlummert da in unserem Unterbewusstsein? Was werden unsere Träume zum Vorschein bringen, wenn der Schleier im Schlaf gelüftet wird? Der helle Pfirsichton des Hintergrundes erinnert an die pastellige Farbigkeit des Morgenhimmels. Das Dunkel der Nacht wird vom Licht des aufkommenden Tags verdrängt, der Zugang zur Traumwelt verschlossen.

In „a dream of: LIGHTING UP THE DARK“ (2018) sind es die orange- und pinkfarbenen Linien, die einen Kontrast zu dem kräftigen Blau und Schwarz bilden und vom dem im Titel des Gemäldes benannten Licht in der Dunkelheit zeugen.

Die Serie „Hold on to yourself“ entstand während des Corona-Lockdowns im Frühjahr 2020. Graue und schwarze Linien bewegen sich auf hellem, mit farbigen Akzenten durchsetztem Untergrund. Teils einander überlagernd, teils sich befreiend, es hat den Anschein eines Kampfes. Tomasko setzt hier der Realität der sich ausbreitenden Pandemie eine Traumwelt entgegen.

Liliane Tomasko (* 1967 in Zürich) studierte an der Camberwell School of Art, am Chelsea College of Art and Design und an der Royal Academy of Arts in London.
Ihre Werke werden in Museen und Galerien in Einzel- und Gruppenausstellungen weltweit gezeigt, u.a. im Château La Coste, Frankreich, im Museo MATE, Lima, im Rockland Center for the Arts, New York State, in der Fundación Bancaja, Valencia, und im Lowe Art Museum, Miami, und befinden sich in internationalen öffentlichen und privaten Sammlungen. Tomasko lebt und arbeitet in New York und Bayern.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Publikation zur Ausstellung:

Liliane Tomasko - Morpheus
Hrsg. von Annegret Laabs
Text dt/engl.: Annegret Laabs
Übersetzung: Brian Currid
46 S., zahlreiche Abb., Softcover
ISBN 978-3-9816665-9-5
Preis: 12,00 Euro

Exhibition

Pia Maria Martin

Back from the backburner

20.11.2012 -
24.03.2013

Immer wieder gelingt es Pia Maria Martin (*1974 in Altdorf) den Moment zu erwischen, wo sich die Dinge unbeobachtet fühlen und alles seinen Lauf nimmt.

Türen, Rohrleitungen, Treppengeländer, ein bereits verzehrtes Huhn, ein paar Fische auf dem Teller, alles beginnt zu leben und es entwickelt sich eine Erzählung, nur dürfen wir nicht eingreifen, denn sofort würde der Zauber zu Ende sein. Solange aber bleibt alles möglich, verwickelte Gedankenspiele im Licht der Projektion, die alles vor der Filmkamera einbeziehen, was sich anbietet. Unsere Realität kippt aus den Gewohnheiten und Sinn kann sich im Hintersinn ausleben. Die Ausstellung zeigt eine Reihe von Kurzfilmen der in Stuttgart lebenden Künstlerin, entstanden in der heute nur noch selten genutzten 16-mm-Technik.

Exhibition

Olaf Wegewitz

straight ahead

04.03.2014 -
09.06.2014

Zu Fuß auf dem 11. Längengrad durch Deutschland
Malerei, Texte, Fotos und Zeichnungen, 2009/2013

Manche Entschlüsse brauchen die spontane Idee und danach eine gründliche Vorbereitung. Als Olaf Wegewitz (geb. 1949 in Schönebeck, lebt in Huy-Neinstedt) gemeinsam mit seinem erwachsenen Sohn im Juli 2009 aufbrach, um Deutschland von Norden nach Süden zu durchwandern, musste sich diese Idee über viele Wochen täglich auf den Strecken von bis über 50 Kilometern beweisen und wurde zur Lebenserfahrung. Von Fehmarn, an der Küste, gelangten die beiden über den Sommer tatsächlich bis zur Zugspitze.

Olaf Wegewitz, Geradewegs. Zu Fuß durch Deutschland (Detail), 2011-13

Olaf Wegewitz, Geradewegs. Zu Fuß durch Deutschland, 2011-13, 100 m Rollbild

Olaf Wegewitz, bekannt durch seine wundervoll sinnreichen, handgefertigten Künstlerbücher und beidseitig gestalteten farbigen Zeichnungen, entschied sich nach dieser Reise, zur Malerei zurückzukehren und die noch wachen Eindrücke auf einem Bild von 100 Metern Länge festzuhalten. Dafür entstand ein Holzgestell mit zwei übereinander liegenden Rollen. Während der drei Jahre dauernden Entstehung des Gemäldes wurde es von der oberen auf die untere Rolle gewickelt, wobei immer nur ein Abschnitt von ca. 3 Metern Leinwand sichtbar war. Die Entstehung des Bildes folgt der Wanderung. Nie lässt sich die gesamte Strecke überblicken, immer reicht der Blick nur bis zum Horizont.

Die Ausstellung zeigt dieses besondere Gemälde und zahlreiche Zeichnungen, Fotografien, Notizen zum Reiseweg von 1.340 Kilometern Länge, in 35 Tagen, entlang der Natur und Zivilisation von Olaf und Lienhard Wegewitz.

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Publikation zur Ausstellung

Olaf Wegewitz
geradewegs. zu fuß auf dem 11. längengrad durch deutschland
Hrsg. von Annegret  Laabs und Uwe Gellner, 2014
Texte: Olaf Wegewitz, Uwe Gellner und Annegret Laabs
256 Seiten, mit der kompletten Abbildung des 100-Meter-Bildes und vielen weiteren farb. Abbildungen
Künstlerbuch, 2 Bände im Faltkarton, Jovis
ISBN 978-3-86859-314-3
Preis: 42,00 Euro

Vorzugsausgabe mit Originalgrafik Helmstedt oder Eilsdorf (Bitte bei Bestellung Wunschgrafik unbedingt angeben!), jew. 35 Expl., vom Künstler betitelt und nummeriert, Preis: 89,00 Euro

Exhibition

Inner Motion

21.02.2012 -
10.06.2012

Den persönlichen Stil der gezeigten Videos von Nan Hoover, Bjørn Melhus und Yehudit Sasportas verbindet, dass sie aus der Stille der Dunkelheit ins Bild dringen. Subtile Bewegungsverläufe spielen sich auf einer Membran zwischen Außenwelt und Innerlichkeit ab, suchend, treibend, seufzend und in einer Unmittelbarkeit, die jede Distanz schwinden lässt.

Die amerikanische Künstlerin Nan Hoover (1931-2008) siedelte 1969 nach Amsterdam über und wurde zu einer Wegbereiterin der Videokunst in Europa. Aus der Kunst der Performance hervorgegangen, untersuchen ihre frühen Videos die Beziehung zwischen Körper und Licht. So steht am Anfang des Mediums Video die Frage der Selbsterkundung mit der Kamera, gleichzeitig aber verleitet die Technik elektronischer Bilder und Klänge zum visionären Experiment und zu ungeahnten Ausflügen ins Grenzenlose.

Mit dem deutschen Videokünstler Bjørn Melhus (geb. 1966) und der israelischen Künstlerin Yehudit Sasportas (geb. 1969) sind zwei wichtige Akteur*innen aus der aktuellen Szene der internationalen Videokunst vertreten. In ihren Arbeiten zeigt sich, dass das elektronische Bildmedium heute zunehmend einer kritischen Selbstreflexion unterzogen wird. „Emotion Field“ von Bjørn Melhus nutzt die Suggestion farbigen Lichts auf Monitoren, gekoppelt an eine Toncollage aus Hollywood-Trickfilmen, um in den individuellen Erinnerungen der Betrachter*innen die gespeicherten Bilder der Filmindustrie aufzustöbern. „The Lightworkers“ von Yehudit Sasportas entführt die Betrachter*innen in eine Paradies- oder Endzeitsituation. Deren allmähliche Wandlungen scheinen, von unbekannter Hand gesteuert, bereits in einem Schwebezustand zu existieren, der einer künstlichen, immer perfekter werdenden medialen Realität entspricht, deren Quellen verborgen bleiben.

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