Ausstellung

Opération Béton

09.03.2025 -
15.06.2025

Karl-Heinz Adler. Erasmus Schröter. Carsten Nicolai. Marta Dyachenko

Der ambivalente Baustoff Beton, der das kreative Werden ebenso wie das gesamte Spektrum zwischen Zerstörung, Wiederaufbau und Umweltkatastrophe in sich trägt, hat Kunstschaffende schon lange bewegt und herausgefordert. Opération Béton nennt der französische Experimentalfilmer Jean-Luc Godard seinen ersten Film, der 1954 erschien. Die enorme Vielgestaltigkeit und Einsetzbarkeit des Baustoffes aus Zement, Gestein und Wasser erlaubt unendliche Möglichkeiten der Anwendung in Architektur und Kunst.

In Zeiten der Klimakrise steht das moderne Baumaterial, dessen Bandbreite in der Verwendung grenzenlos scheint, jedoch immer auch mit den von Menschen gemachten Katastrophen dieser Welt in Verbindung.

Während die Formsteinsysteme Karl-Heinz Adlers für die Neuinterpretation des Werkstoffes in einer Zeit des Wiederaufbaues stehen, wird im Video „Betonschiff ohne Namen“ von Carsten Nicolai die Widersprüchlichkeit zwischen Vergehen und Bewahren zum allgegenwärtigen Thema einer musikalisch wie visuellen Intervention.

Für seine Fotografien inszenierte Erasmus Schröter die aus Millionen von Tonnen Beton erbauten Bunker des 1942 von der deutschen Besatzung in Auftrag gegebenen „Atlantikwalls“ in farbigem Licht und schafft so eine Atmosphäre zwischen vergangenem Größenwahn, Bedrohung und Lächerlichkeit. Diese verstärkt sich in der Gegenwart angesichts moderner Luft-Boden-Raketen, tragbarer Panzerabwehrwaffen und perfider gewordenen militärischen Auseinandersetzungen. Bewahrung und Zerstörung aber auch die großartigen Möglichkeiten aus Vergangenem Neues zu schaffen sind für die Künstlerin Marta Dyachenko und ihre Skulpturen aus gegossenem Beton in den letzten Jahren zum Schwerpunkt geworden. Das komplexe Verhältnis zwischen Natur und Mensch und dem gesellschaftlich konstruierten Blick auf das, was ist und sein wird, spiegelt sich beispielhaft in den Kunstwerken, die sich mit dem von Chancen und Katastrophen gleichermaßen geprägten Werkstoff Beton verbinden.


Karl-Heinz Adler
(1927 Remtengrün/Vogtland – 2018 Dresden) war Maler, Grafiker und Konzeptkünstler und gilt heute als einer der herausragendsten Vertreter der konkreten Kunst in Deutschland. Seine Papiercollagen, Objektschichtungen, Zeichnungen und Modelle zu den Formsteinsystemen, die er aus Beton fertigen ließ, sind in dieser Ausstellung zu sehen.

Erasmus Schröter (1956 Leipzig – 2021 Leipzig) war ein zunächst in Leipzig, ab 1985 in Hamburg und ab Mitte der 1990er Jahre wieder in Leipzig arbeitender Fotograf, dessen Motive von surreal anmutender DDR-Alltagsbilderwelt bis zu konzeptionellen Serien voller Hintersinn und Ironie reichen.

Carsten Nicolai (*1965 Karl-Marx-Stadt/Chemnitz, lebt in Berlin) ist ein deutscher Medienkünstler und Musiker (Pseudonym Alva Noto), der als Grenzgänger an der Schnittstelle von bildender Kunst, Wissenschaft und Musik arbeitet. Seine oft großformatigen audiovisuellen Installationen zielen darauf ab, unsichtbare Phänomene wie Ton- und Lichtfrequenzen erfahrbar zu machen.

Marta Dyachenko (*1990 in Kiew, lebt in Berlin) studierte Architektur, Bildende Kunst und Bildhauerei in Berlin. Ihre Installationen aus modellhaften Skulpturen in Beton werfen Fragen nach dem Verhältnis von Natur und Mensch sowie auch dem gesellschaftlich konstruierten Blick auf die Landschaft auf.

Die Ausstellung wird gefördert von den Freunden und Förderern des Kunstmuseums Magdeburg e.V.

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Ausstellung

Herausgeforderte Gemeinschaft

Jubiläumsausstellung 2025

14.06.2025 -
19.10.2025

Im Jahr 2025 feiert das Kunstmuseum Magdeburg sein 50-jähriges Bestehen: ein halbes Jahrhundert künstlerische Auseinandersetzung, gesellschaftliche Reflexion und kultureller Wandel. Seit seiner Gründung widmet sich das Museum der Gegenwartskunst – damals wie heute. Von der staatlich gelenkten DDR-Kunstpolitik über die Aufbruchsstimmung der Demokratiebewegung 1989 bis zur internationalen Öffnung der letzten Jahrzehnte erzählt das Haus von einem kontinuierlichen Wandel.

Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der Sammlung wider: Viele Werke entstanden im Spannungsfeld gesellschaftlicher Umbrüche. Sie zeugen von Nähe und Distanz, von Abgrenzung und Gemeinschaft als etwas Fragilem und immer wieder Herausgeforderten. Unter dem Titel Herausgeforderte Gemeinschaft vereint die Jubiläumsausstellung Kunstwerke, die Eigenwilligkeit, Widerspruch und gesellschaftliche Vielstimmigkeit sichtbar machen. Zentrale Werke aus der Sammlung treten in einen Dialog mit Gegenwartspositionen, die für diese Ausstellung teilweise neu entstanden sind.

In diesem Zusammenspiel gehen sie der Komplexität der Gemeinschaft nach und regen dazu an, über historische und gegenwärtige Formen des Miteinanders nachzudenken. Gemeinschaft ist nie selbstverständlich und muss immer wieder neu ausgehandelt werden. Die Kunstwerke machen Ambivalenzen sichtbar, stellen gewohnte Denkmuster infrage und loten die Grenzen zwischen individueller und kollektiver Erinnerung aus.

Auf der gesamten Ausstellungsfläche des Museums zeigt HERAUSGEFORDERTE GEMEINSCHAFT ein vielschichtiges Panorama aus Malerei, Fotografie, Videoarbeiten, Installationen, Grafik und Skulptur. Die Ausstellung spannt dabei einen Bogen über fünf Jahrzehnte: von künstlerischen Praktiken des 20. Jahrhunderts über die gesellschaftlichen Umbrüche nach 1989 bis hin zu heutigen Formen des Zusammenlebens. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach Gemeinschaft und Miteinander – und auch die Rolle, die jede*r Einzelne darin spielt.

Künstler*innen aus der Sammlung (Auswahl): Christian Boltanski, Sergy Bratkov,  Hartwig Ebersbach, Jonas Englert, Ruth Francken,  Leiko Ikemura, Sanja Iveković, Rashid Johnson, Koji Kamoji, Jannis Kounellis, Michael Schmidt, Jochen Seidel, Gabriele Stötzer, Hito Steyerl, Tobias Zielony
Eingeladene Positionen von: Isaac Chong Wai, Itamar Gov, Marina Naprushkina, Diane Severin Nguyen, Elske Rosenfeld

 

Ein Projekt im Zuge des Programms Herausgeforderte Gemeinschaft / Challenged Togetherness

Gefördert durch/ von:
                

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Ausstellung

Andrius Arutiunian

Under the Cold Sun

03.04.2025 -
18.05.2025

Der armenisch-litauische Künstler und Komponist Andrius Arutiunian präsentiert eine neue Version seiner groß angelegten Installation „Under the Cold Sun“ (2024/25). Das Werk, das mit der Architektur der historischen Klosterkirche des Kunstmuseums Magdeburg spielt, stützt sich auf zwei wesentliche Elemente - Licht und Klang - um seinen hypnotischen Zustand zu erzeugen.

Foto: Stefan Stark
Foto: Stefan Stark

In "Under the Cold Sun" erforscht Arutiunian die Zusammenstöße zwischen historischen Erzählungen und zeitgenössischen Imaginationen. Im Zentrum des Stücks stehen drei Elemente - ein Spiegel, eine Leuchte und eine synthetische Orgel - drei geisterhafte Präsenzen, die den Raum des ehemaligen Klosters durchdringen. Durch die Arbeit mit Psychoakustik und Lichtreflexionen setzt Under the Cold Sun die Erkundung von volkstümlichem Wissen, alternativen Methoden der Weltordnung und Konzepten der musikalischen und politischen Einstimmung fort.

Der armenisch-litauische Künstler und Komponist Andrius Arutiunian (*1991) vertrat 2022 Armenien mit der Soloausstellung Gharīb auf der 59. Biennale von Venedig. Seine Arbeiten wurden zudem auf bedeutenden Biennalen und Museen gezeigt, darunter dem Palais de Tokyo (Paris), dem Centre Pompidou (Paris), M HKA (Antwerpen), dem Sapieha Palace (Vilnius), FACT (Liverpool) und dem Contemporary Art Centre (Vilnius). 2024 wurde er in die Shortlist des Future Generation Art Prize aufgenommen, und war 2023 DAAD Artist-in-Residence Fellow. Arutiunian verbindet in seinen Arbeiten hypnotische Klangstrukturen, synthetische Klänge und kulturelle Klangsprachen, die eine ebenso ästhetisch anspruchsvolle wie emotional greifbare Erfahrung schaffen.

Ein Projekt im Zuge des Programms Herausgeforderte Gemeinschaft / Challenged Togetherness

Gefördert durch/ von:
               

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Hans-Hendrik Grimmling

Malerei von 1978 bis 2024

15.09.2024 -
09.02.2025

Ineinander verknotet, verschlungen, umklammert - so stellt Hans-Hendrik Grimmling sein Thema, das menschliche Drama der Existenz, den Kampf, die Tragödie immer wieder dar. Es sind die Menschen, die miteinander ringen, die leiden, die verzweifeln und die Hoffnung schöpfen, die ihn interessieren. Für Grimmling ist Kunst kein Beiwerk, sondern etwas Universelles, etwas dringend Notwendiges. „Es sei die Rettung vom Leben“, so sagt er.

Austellung Hans-Hendrik Grimmling, im Kmd.
Foto: Hans-Wulf Kunze
Hans-Hendrik Grimmling Austellung im Kmd.
Foto: Hans-Wulf Kunze
Grimmling Werke im Kmd.
Foto: Hans-Wulf Kunze

Die Ausstellung fragt nach den Grundlagen seiner Malerei, dem Ursprung der malerischen Prozesse, die aus Farben Formen entstehen lassen, sowie nach der Kraft, die sich in seinen Bildern ausdrückt. Mit nur wenigen Farben, vor allem Schwarz, Rot, Gelb und Weiß, bewegt sich Grimmlings Werk zwischen figürlicher Darstellung und Abstraktion. Die kräftige Rhythmik der Formen fügt sich immer von neuem zu typischen Motiven wie Kopf, Hand, Vogel und Knoten und veranschaulicht die zerbrechliche Seite des Menschen. Zugleich sind seine Bilder Refugien, Momente der Fixierung.

Ausgehend von einigen wichtigen Frühwerken des Malers aus dem Anfang der 1980er Jahre widmet sich die Ausstellung in vier großen Kapiteln dem Gesamtwerk des Künstlers. Aus dem umfangreichen Werkkomplex der Knoten (1990er) und der Werkgruppe Deutscher Alltag (2007) über die stark von Gesten geprägten Bilder der 2000er Jahre bis in die Gegenwart spannt sie den Bogen von den frühen Motiven über die Abstraktion bis zu den wiederkehrenden Vogel- und Maskenbildern der Jahre 2017-2024.

Hans-Hendrik Grimmling (*1947 in Zwenkau bei Leipzig) gehörte 1984 zu den Initiatoren des legendären 1. Leipziger Herbstsalons, einer Ausstellung, welche als Meilenstein der unangepassten DDR-Kunstgeschichte gilt. Grimmling reiste 1986 im Zusammenhang mit den Repressionen um den „Herbstsalon“ nach West-Berlin aus. Ab 2001 lehrte er dort an der Berliner Technischen Kunsthochschule, von 2006 bis zur Emeritierung 2017 als Professor.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Ausstellung

Nevin Aladağ

Das rollende Tamburin

10.11.2024 -
09.02.2025

Nevin Aladağ ist bekannt für ihre Werke, in denen sie auf spielerische und poetische Weise Klang, Installation, Video, Performance, Muster und Ornamente sowie Humor miteinander verbindet. Die Ausstellung „Das rollende Tamburin“ im Kunstmuseum Magdeburg zeigt Video- sowie Textilarbeiten der Künstlerin.

Videoinstallation von Aladag im KMd
Ausstellungsansicht Nevin Aladağ. Das rollende Tamburin, 2024, Foto: Hans-Wulf Kunze
Aladag Ausstellung in der Nordgalerie des KMd
Ausstellungsansicht Nevin Aladağ. Das rollende Tamburin, 2024, Foto: Hans-Wulf Kunze
Aladag Ausstellung im KMd
Ausstellungsansicht Nevin Aladağ. Das rollende Tamburin, 2024, Foto: Hans-Wulf Kunze
Raise the Roof von Nevin Aladag, 2017, Auststellung im Kmd.
Nevin Aladağ, Raise The Roof (Venice), 2017, Videostill © VG Bild-Kunst, Bonn 2024 / Courtesy of the artist and Wentrup, Berlin

Nevin Aladağ beobachtet in ihrer künstlerischen Praxis das Aufeinandertreffen und Zusammenwirken kultureller Elemente in materieller, ästhetischer und sozialer Hinsicht und überträgt es in Kunstwerke. Sie poetisiert den urbanen Raum, indem sie dessen Stoffen und Bewegungen nachfolgt oder seinen Klängen lauscht. Dadurch ermöglicht sie einen neuen Blick auf alltägliche Dinge und soziale Prozesse. Die Ausstellung lädt dazu ein, unerwartete Verbindungen zwischen Musik und Urbanität, Kunst und Gesellschaft zu erleben.

In ihren Videoinstallationen „Jamming“ (2022), „Traces“ (2015) und „Sessions“ (2013) lässt die Künstlerin Musikinstrument wie Trommeln, Schellenkranz und Tamburin durch verschiedene urbane Landschaften in Berlin, Stuttgart und Sharjah „rollen“. Die jeweils verwendeten Musikinstrumente erforschen auf unterschiedliche Weise kulturübergreifende Muster und Gemeinsamkeiten in den Orten.
Das vielfältige Miteinander thematisiert auch die Werkserie „Social Fabrics“ (seit 2017). Die Collagen, die durch fragmentierte und neu zusammengesetzte Teppichstücke entstehen, untersuchen die wechselseitigen Einflüsse zwischen verschiedenen Kulturen und betonen dabei das Verbindende.

Nevin Aladağ, geboren 1972 in Van, Türkei, und aufgewachsen in Stuttgart, studierte bis 2000 Bildhauerei bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München. Bekannt wurde sie durch ihre Beiträge zur documenta 14 und der 57. Venedig-Biennale. Ihre Arbeiten sind in renommierten internationalen Sammlungen vertreten und werden regelmäßig in Ausstellungen und Biennalen weltweit gezeigt. Nevin Aladağ lebt heute in Berlin. Seit 2019 ist sie Professorin für interdisziplinäres künstlerisches Arbeiten an der Hochschule für Bildende Künste Dresden.

Die Ausstellung wird gefördert von:

Ausstellung

Sanja Iveković. Frauenhaus (Sonnenbrillen)

im Öffentlichen Raum Magdeburgs

19.11.2024 -
01.12.2024

Die konzeptuelle Plakatserie Ženska kuća (Sunčane naočale) [Frauenhaus (Sonnenbrillen)] von Sanja Iveković entfaltet eine kraftvolle Intervention im öffentlichen Raum. Für ihre Werke eignet sich sie Künstlerin glamouröse Werbebilder an, um sie mit dringlichen feministischen Botschaften zu überschreiben.

Ivekovic Frauenhaus 2 Litfaßsäulen vor dem KMd
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 in Magdeburg, Foto: Hans-Wulf Kunze
Ivekovic Frauenhaus Litfaßsäulen vor dem KMd
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 in Magdeburg, Foto: Hans-Wulf Kunze
Frauenhaus (sonnenbrillen) Plakat
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 © Sanja Iveković
Frauenhaus (sonnenbrillen) Plakat
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 © Sanja Iveković
Frauenhaus (sonnenbrillen) Plakat
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 © Sanja Iveković
Frauenhaus (sonnenbrillen) Plakat
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 © Sanja Iveković
Frauenhaus (sonnenbrillen) Plakat
Sanja Iveković, Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2024 © Sanja Iveković

Sie collagiert Schwarz-Weiß gehaltene Motive von Supermodels, die Sonnenbrillen bekannter Marken anpreisen, mit hell leuchtenden Textfeldern, die die Realität weiblicher Gewalterfahrungen in einem patriarchalen System aufzeigen: Hier finden sich Namen, biografische Daten und Texte von Frauen, die Gewalt erlebt und in Frauenhäusern Zuflucht gefunden haben. In den Texten reflektieren sie die Auseinandersetzung mit männlicher Gewalt in ihrem Leben. Iveković betont das globale Ausmaß der Missstände und die unverzichtbare Rolle feministischer Organisationen weltweit: Im roten Feld am oberen Bildrand finden sich die Namen internationaler Einrichtungen wie das Autonomous Women's House Zagreb oder die Mor Çatı Women’s Shelter Foundation Istanbul, und nun ein nicht näher spezifiziertes Frauenhaus aus Sachsen-Anhalt, die Betroffenen Schutz, Beratung und Solidarität bieten.

Die Plakate wurden bereits in verschiedenen Städten im öffentlichen Raum, in Zeitungen und in Zeitschriften publiziert, was den aktivistischen Gehalt dieser Serie unterstreicht. Die Künstlerin verortet ihre Werke nicht nur in Ausstellungshäusern, sondern an Orten des alltäglichen Lebens und konsumorientierten Blicks. Dadurch hinterfragen sie die Funktion und Wirkung von Bildern in einer Mediengesellschaft und lotet aus, wie sich feministische Anliegen künstlerisch und öffentlichkeitswirksam vermitteln lassen. Durch Ivekovićs radikale Intervention verwandeln sich Werbebilder in einen Schauplatz der Selbstermächtigung und in einen öffentlichen Akt des Widerspruchs in die normalisierte patriarchale Gewalt.

In der Folge der Ausstellung Unverschämt Rebellisch (14.04.-30.06.2024) des Kunstmuseums Magdeburg entwickelte Sanja Iveković in Zusammenarbeit mit einem Frauenhaus in Sachsen-Anhalt fünf neue Motive. Frauen aus der Region schilderten in anonymisierter Form ihre Begegnung mit häuslicher und partnerschaftlicher Gewalt, worauf die Künstlerin neue Plakate gestaltete. Die partizipativ entstandenen Werke legen Zeugnis ab von männlicher Gewalt aber auch weiblicher Bewältigung und Resilienz. Sie werden im November 2024 für mehrere Wochen im öffentlichen Raum Magdeburgs plakatiert. Durch die lokale Verortung wird deutlich, dass Gewalt gegen Frauen ein globales Problem ist, das auch das Leben von Menschen vor Ort betrifft.

Zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen am 25.11.2024 um 17 Uhr lädt das Kunstmuseum Magdeburg gemeinsam mit dem Volksbad Buckau c/o Frauenzentrum Courage zu einem öffentlichen Rundgang zu den plakatierten Kunstwerken ein. Schauspielerin Iris Albrecht wird während des Rundgangs die Texte der mitwirkenden Frauen vortragen und so deren Stimmen hörbar machen.

Die Umsetzung der öffentlichen Plakatierung erfolgte in Zusammenarbeit mit der Ströer Media Deutschland GmbH.

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Ausstellung

Sergey Bratkov

My Brother's Cats

09.06.2024 -
06.10.2024

Sergey Bratkov (geb. 1960) ist bekannt für seine radikal verstörenden und schrillen Fotografien, die hinter der schönen bunten Oberfläche einen schonungslosen Zustandsbericht der Gesellschaft liefern.

Austellung von Sergiy Bratkov im Kmd.
Blick in die Ausstellung "Sergey Bratkov. My Brother's Cats", Foto: Hans-Wulf Kunze
Austellung, Sergiy Bratkov im Kmd.
Blick in die Ausstellung "Sergey Bratkov. My Brother's Cats", Foto: Hans-Wulf Kunze
Videoinstallationvon Sergiy Bratkov im Kmd.
Blick in die Ausstellung "Sergey Bratkov. My Brother's Cats", Foto: Hans-Wulf Kunze

Wie andere Mitglieder der „Charkiwer Schule der Fotografie“ hat er in den vergangenen 30 Jahren sein Hauptinteresse auf die soziale Fotografie gelegt. Im Frühjahr 2022 ist der seit 2004 in Moskau lebende Ukrainer nach Berlin emigriert. Sein Nachdenken, das in den letzten Serien vor allem den überholten Klischees der Sowjetzeit sowie dem neuen Habitus des kraftstrotzenden Ostkapitalismus in der Ukraine galt, ist nun von der aktuellen Realität brutal beiseite gewischt worden.

In der Ausstellung zeigt Sergey Bratkov erstmals neue Bildzyklen und Videos, die ab dem Zeitpunkt des Überfalls Russlands auf die Ukraine entstanden sind. Aus dem ironisch beobachtenden Fotografen ist ein fragender Analyst geworden, dessen neue Serien die Schrecken des Krieges in der einstigen Heimat zu verarbeiten suchen, ohne in Hoffnungslosigkeit zu versinken.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Ausstellung

Kaltes Tal

Florian Fischer & Johannes Krell

01.06.2024 -
28.07.2024

Videoarbeit aus der Mediensammlung des Kunstmuseums:

Überall sind wir von ihr umgeben: Natur. Welche verschiedenen Facetten die Natur annehmen kann, bilden die Filmemacher Florian Fischer (*1981) und Johannes Krell (*1982) in ihren drei Videoinstallationen ab.

In Kaltes Tal (2016) setzen sich die Filmemacher mit einem Paradoxon auseinander: Die menschengemachten Schäden in der Natur lassen sich nur durch weitere Zerstörung der Natur reparieren. Dies wird an einem Kalktagebau sichtbar. Das geborgene Material wird verarbeitet und durch eine Waldkalkung der Natur zurückgeführt, um der Bodenbelastung durch sauren Regen entgegenzuwirken. Ein Kreislauf wie eine Möbiusschleife – den irreversiblen Konsequenzen des Rohstoffabbaus geschuldet, um das fragile Gleichgewicht der Natur wiederherzustellen.

Kaltes Tall von Fischer Krell im Kmd.
Florian Fischer & Johannes Krell, Kaltes Tal, 2016
Ausstellung Kaltes Tall von Fischer Krell im Kmd.
Florian Fischer & Johannes Krell, Kaltes Tal, 2016
Fischer Krell im Kmd.
Florian Fischer & Johannes Krell, Kaltes Tal, 2016

Ausstellung

unverschämt rebellisch

Sanja Iveković Ulrike Rosenbach Gabriele Stötzer

14.04.2024 -
30.06.2024

Radikale künstlerische Positionen beziehen Sanja Iveković (geb. 1949 in Zagreb), Ulrike Rosenbach (geb. 1943 in Bad Salzdetfurth) und Gabriele Stötzer (geb. 1953 in Emleben) seit den 1970er Jahren. Unabhängig voneinander entwickelten sie in den sehr verschiedenen politischen Kontexten ihrer Herkunftsstaaten eine Bildsprache, die gängige Geschlechterrollen und die damit verbundenen kulturellen Normen kritisiert.

Ivekovic Ausstellung im Kmd.
Sanja Iveković, Ženska kuća (Sunčane naočale) / Frauenhaus (Sonnenbrillen), 2002–2004
Venus vom Rosenbach im Kmd.
Ulrike Rosenbach, Reflexionen über die Geburt der Venus, 1976/1978
Fleischsäule im Kmd.
Gabriele Stötzer, Fleischsäule Europa, 1991

Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht immer die Frau: Bei Rosenbach und Stötzer fungiert der weibliche Körper als Ausdrucksmittel. Sie nutzen ihn als Leinwand oder um mittels Bewegung aus ihren Grenzen auszubrechen. Iveković verurteilt mittels ihrer Arbeiten die Objektifizierung des Frauenkörpers und die damit einhergehende Projektionsfläche für geschlechtliche Zuschreibungen.
Die Künstlerinnen verwenden die unterschiedlichsten Medien wie Performance, Fotografie, Textilien, Schrift, Malerei und Film, um die Geschlechtszuweisungen anzuprangern und den gängigen Bildern ihre eigenen Bilder entgegenzusetzen: mal laut in großangelegten Aktionen, mal leise in intimen Momenten, doch immer mit klarer Botschaft.

Ausgehend von ihren eigenen Biografien entstehen Werke, in denen sie das Verhältnis von Geschichte und Gegenwart vor dem Hintergrund ihrer weiblichen Identität thematisieren. Sie weisen auf Missstände hin und haben als Initiatorinnen bzw. Mitbegründerinnen von Frauenbewegungen aktiv das politische Geschehen mitgestaltet. Zum Ausdruck kommt dies in ihren Arbeiten durch zuweilen rigorosen künstlerischen Methoden, zu den sie greifen, und damit neue Ausdrucksmöglichkeiten aufzeigen, die für viele Gebiete der zeitgenössischen politischen Kunst wegweisend wurden.

Die Ausstellung präsentiert sowohl Fotografien, Videoarbeiten, Performances sowie Installationen aus dem Beginn des Schaffens von Ulrike Rosenbach, Gabriele Stötzer und Sanja Iveković als auch jüngere Werke.

Sanja Iveković (geb. 1949 in Zagreb) verknüpft künstlerische Praxis mit sozialem Aktivismus. Sie gilt als eine der ersten feministischen Künstlerinnen Kroatiens. In ihren frühen Arbeiten, die im Umfeld der jugoslawischen Bewegung „Neue Kunstpraxis“ entstanden, untersucht sie die Beziehung zwischen Massenmedien und Ideologie. Spätere Projekte erkunden die Transformation der Balkanländer von sozialistischen zu nationalistischen politischen Systemen. Ivekovićs Arbeiten kritisieren die Stellung der Frau in der Gesellschaft und die Darstellung von Frauen in den Medien. Sie konstatiert den Rückfall in ein patriarchales System und beschäftigt sich mit Gewalt gegen Frauen - ein Aspekt, der in den letzten Jahren vermehrt an Sichtbarkeit gewonnen hat.
Häufig verwendet Iveković schillernde Werbebilder, die Models zeigen, und setzt ihnen in Form von Text eine gesellschaftliche Realität entgegen, etwa von häuslicher Gewalt betroffene Frauen.
Sie lehrte seit der Gründung im Jahr 1994 am Zentrum für Frauenstudien in Zagreb und ist Gründerin von Electra – dem Frauenkunstzentrum Zagreb.


Ulrike Rosenbach (geb. 1943 in Salzdetfurth bei Hildesheim) gilt als Pionierin der Videokunst. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Joseph Beuys und entdeckte früh das damals noch neue Medium des Videos für sich. In ihrer prozessualen und medienübergreifenden Arbeitsweise entstehen aus Performances Videos und aus Videos wiederum Installationen und Skulpturen. So schafft die Künstlerin gesamte Werkzyklen.
1969 kommt Rosenbach in Berührung mit dem amerikanischen Feminismus und wird selbst Teil dieser Bewegung. Ihre Themen sind die weibliche Identität und die Rolle als Künstlerin, Ehefrau und Mutter. Ulrike Rosenbachs Werk legt in ihren Arbeiten den Finger in die Wunde patriarchaler Rollenklischees und konterkariert sie mit anderen Weiblichkeitsbildern.


Gabriele Stötzer
(geb.1953 in Emleben bei Gotha) behandelt in ihren Werken das (weibliche) Individuum, das sie in Gegensatz zu einer totalitären Gesellschaft stellt. Nach einem einjährigen Gefängnisaufenthalt wegen „Staatsverleumdung“ im Frauengefängnis Hoheneck kam sie über die Schriftstellerei zur Fotografie und zum Film.

Sie schuf unter anderem eine große Anzahl an Fotografien, die alle vom nackten weiblichen Körper ausgehen. In Performances und Inszenierungen mit anderen (Nicht-)Künstlerinnen enthebt sie den Körper aus dem alltäglichen und kontextualisiert ihn mit unausgesprochenen Erfahrungen und Verletzung.
Mit ihren Arbeiten bäumt sie sich gegen sozialistisch-kleinbürgerlich-dogmatische Tabus ihrer Zeit. Nur in der Kunst findet sie ihren Freiraum für ihr Engagement gegen Entmündigung und Reglementierung.

In den frühen 1980er-Jahren war Gabriele Stötzer Mitbegründerin der Erfurter Künstlerinnengruppe Exterra XX und 1989 der Bürger*inneninitiative „Frauen für Veränderung”. Im selben Jahr war sie Mitinitiatorin der Besetzung der Stasi-Bezirksverwaltung Erfurt.

Die Ausstellung wird gefördert von:

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Ausstellung

Sven Johne

Das sowjetische Hauptquartier

08.03.2024 -
26.05.2024

Videoarbeit aus der Mediensammlung des Kunstmuseums:

Das sowjetische Hauptquartier (2023) spielt auf dem heute brachliegenden Gelände des ehemaligen Hauses der Offiziere in Brandenburg. Bis 1994 diente es als eine Art kulturelles Hauptquartier der in Ostdeutschland stationierten sowjetischen Truppen.

Film
Sven Johne, Das sowjetische Hauptquartier, 2023, Videostill, © Sven Johne / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Das sowjetische Hauptquartier von Sven Johne, 2023, im Kmd.
Sven Johne, Das sowjetische Hauptquartier, 2023, Videostill, © Sven Johne / VG Bild-Kunst, Bonn 2024
Austellung von Sven Johne im Kmd.
Sven Johne, Das sowjetische Hauptquartier, 2023, Videostill, © Sven Johne / VG Bild-Kunst, Bonn 2024

Das Anwesen ist Schauplatz eines Immobilien-Besichtigungstermins. Der zum Erfolg verdammte Makler Becker führt wortreich die vermeintliche Interessentin Katharina Baronn durch die verlassenen Räumlichkeiten. Im Verlauf des Films tritt der innere Monolog Baronns in den Vordergrund: Als achtjähriges Kind erlebte sie hier den Abzug der sowjetischen Truppen. Seither geistert eine sentimentale „Kinder-Sowjetunion“ (in Johnes Worten) als vermeintliche Alternative zum real existierenden Kapitalismus in ihren Erinnerungen.

In dem Video geht es um die Wirkmächtigkeit von Ideologien und um den Abschied von der Kindheit. Sven Johne verbindet in seinen Arbeiten das individuelle Narrative mit offizieller Geschichte, das politische Ernsthafte mit einfühlsamer Poetik. Er greift Themen auf, die oftmals die Gegenwart spezifisch ostdeutscher Zustände widerspiegeln. Dabei steht nicht nur die Transformation einer Gesellschaft, das Verschwinden eines ganzen Landes und seiner kulturellen Beheimatungen, im Mittelpunkt der Werke, sondern auch – wie hier im Film, persönliche Schicksale.

Die Videoarbeit konnte mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt angekauft werden.

Katharina Baronn: Luise Helm
Becker: Marc Zwinz
Kamera/Beleuchtung: Steve Kfoury
Ton: Torsten Reimers / Michael Freitag
Schnitt: Sven Voß

Produziert / unterstützt von:
Fluentum / Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte

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