Ausstellung
Hans-Hendrik Grimmling
Malerei von 1978 bis 2024
15.09.2024 -
09.02.2025
Ineinander verknotet, verschlungen, umklammert - so stellt Hans-Hendrik Grimmling sein Thema, das menschliche Drama der Existenz, den Kampf, die Tragödie immer wieder dar. Es sind die Menschen, die miteinander ringen, die leiden, die verzweifeln und die Hoffnung schöpfen, die ihn interessieren. Für Grimmling ist Kunst kein Beiwerk, sondern etwas Universelles, etwas dringend Notwendiges. „Es sei die Rettung vom Leben“, so sagt er.
Die Ausstellung fragt nach den Grundlagen seiner Malerei, dem Ursprung der malerischen Prozesse, die aus Farben Formen entstehen lassen, sowie nach der Kraft, die sich in seinen Bildern ausdrückt. Mit nur wenigen Farben, vor allem Schwarz, Rot, Gelb und Weiß, bewegt sich Grimmlings Werk zwischen figürlicher Darstellung und Abstraktion. Die kräftige Rhythmik der Formen fügt sich immer von neuem zu typischen Motiven wie Kopf, Hand, Vogel und Knoten und veranschaulicht die zerbrechliche Seite des Menschen. Zugleich sind seine Bilder Refugien, Momente der Fixierung.
Ausgehend von einigen wichtigen Frühwerken des Malers aus dem Anfang der 1980er Jahre widmet sich die Ausstellung in vier großen Kapiteln dem Gesamtwerk des Künstlers. Aus dem umfangreichen Werkkomplex der Knoten (1990er) und der Werkgruppe Deutscher Alltag (2007) über die stark von Gesten geprägten Bilder der 2000er Jahre bis in die Gegenwart spannt sie den Bogen von den frühen Motiven über die Abstraktion bis zu den wiederkehrenden Vogel- und Maskenbildern der Jahre 2017-2024.
Hans-Hendrik Grimmling (*1947 in Zwenkau bei Leipzig) gehörte 1984 zu den Initiatoren des legendären 1. Leipziger Herbstsalons, einer Ausstellung, welche als Meilenstein der unangepassten DDR-Kunstgeschichte gilt. Grimmling reiste 1986 im Zusammenhang mit den Repressionen um den „Herbstsalon“ nach West-Berlin aus. Ab 2001 lehrte er dort an der Berliner Technischen Kunsthochschule, von 2006 bis zur Emeritierung 2017 als Professor.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Leyla Yenirce
SPLITTER
17.10.2024 -
12.01.2025
Leyla Yenirce zeigt dem Publikum das Antlitz einer jungen Frau: ein vom Leben gezeichneter Mensch, deren klare und ruhige Gesichtszüge durch eine besondere Lichtführung, hervorgerufen durch einen spiegelnden Gegenstand, betont oder überblendet werden.
Ausgangspunkt dieses Porträts ist die Auseinandersetzung mit moderner Drohnentechnologie, die eine Gefahr für Frauen im kurdischen Freiheitskampf birgt. Selbst die Berge, in denen sie sich einst verstecken konnten, sind nun vollständig erspähbar.
Durch ein großformatiges Video und raumfüllende Klänge entfaltet die Installation ein faszinierendes Zusammenspiel von Bild und Ton, Licht und Schatten, Sichtbarkeit und Verborgenheit in der Architektur der ehemaligen Klosterkirche.
Mit SPLITTER entwickelt Leyla Yenirce das traditionelle Sujet des Porträts radikal weiter: Ihre Protagonistin ist keine passive Figur; sie erfährt eine emanzipierte Präsenz. Die Künstlerin überlässt sie nicht der objektifizierenden Betrachtung, sondern ermöglicht es ihr, das Verhältnis von Sichtbarkeit und Schutz eigenständig zu bestimmen – nach Hannah Arendt ist das selbstbestimmte Sichtbarwerden bzw. das öffentliche Erscheinen immer auch ein politischer Akt.
Die Porträtierte steht aber auch für all jene Frauen in Kurdistan, die dort einen Überlebens- und Befreiungskampf führen – ein Thema, das Yenirces Werk immer wieder prägt. Die drängende Frage nach Schutz in einer Zeit, in der technologische Überwachung – u.a. durch unbemannte Drohnen – die traditionellen Rückzugsorte der kurdischen Berge durchdringt, wird reflektiert. Zugleich thematisiert Yenirce die veränderten Bedingungen des Widerstands und stellt neue Formen der Gegenwehr in den Fokus: Die Reflexionen, welche die Drohnen blenden, sind eine neue Form der Verteidigung, die diesen ungleichen Kampf in ein neues Licht rücken.
Die Situierung von SPLITTER in der ehemaligen Klosterkirche lädt dazu ein, die ungleichen Verhältnisse zwischen Erde und Himmel, Mensch und Macht durch die Architektur des einstigen Gotteshauses zu reflektieren. Zwar ist das Gebäude auf eine höhere Macht ausgerichtet, doch verkörpert es gleichzeitig ein weltliches Kräfteverhältnis. Die Erbauer der Anlage beanspruchten ihren Platz im erhöhten Chor in der Nähe des Altars, dem strahlenden Zentrum der Kirche. Den weniger Privilegierten blieb ein Platz im Langhaus.
SPLITTER, im Langhaus platziert, schafft einen neuen gemeinschaftlichen Mittelpunkt, der die Ausrichtung auf das Jenseitige und Mächtige ersetzt und stattdessen den Alltag und die Herausforderungen der Gegenwart ins Zentrum stellt.
Leyla Yenirce, geboren 1992 in Qubînê, lebt und arbeitet in Berlin. Die Künstlerin und Musikerin arbeitet mit Malerei, Skulptur, Video und Performance, um vielschichtige Werke zu erschaffen, die intermedial Themen wie Feminismus, Krieg, Popkultur, Genozid, Begehren, Sehnsucht und Ironie verhandeln. Bis 2022 studierte Yenirce Bildende Kunst bei Jutta Koether an der Hochschule für bildende Künste Hamburg. Sie wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, darunter 2023 mit dem renommierten Ars Viva Preis.
„Leyla Yenirce. Splitter“ bildet den Auftakt einer programmatischen Reihe des Kunstmuseums Magdeburg, die Musik- und Klanginstallationen in der Klosterkirche präsentiert.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Nevin Aladağ
Das rollende Tamburin
10.11.2024 -
09.02.2025
Nevin Aladağ ist bekannt für ihre Werke, in denen sie auf spielerische und poetische Weise Klang, Installation, Video, Performance, Muster und Ornamente sowie Humor miteinander verbindet. Die Ausstellung „Das rollende Tamburin“ im Kunstmuseum Magdeburg zeigt Video- sowie Textilarbeiten der Künstlerin.
Nevin Aladağ beobachtet in ihrer künstlerischen Praxis das Aufeinandertreffen und Zusammenwirken kultureller Elemente in materieller, ästhetischer und sozialer Hinsicht und überträgt es in Kunstwerke. Sie poetisiert den urbanen Raum, indem sie dessen Stoffen und Bewegungen nachfolgt oder seinen Klängen lauscht. Dadurch ermöglicht sie einen neuen Blick auf alltägliche Dinge und soziale Prozesse. Die Ausstellung lädt dazu ein, unerwartete Verbindungen zwischen Musik und Urbanität, Kunst und Gesellschaft zu erleben.
In ihren Videoinstallationen „Jamming“ (2022), „Traces“ (2015) und „Sessions“ (2013) lässt die Künstlerin Musikinstrument wie Trommeln, Schellenkranz und Tamburin durch verschiedene urbane Landschaften in Berlin, Stuttgart und Sharjah „rollen“. Die jeweils verwendeten Musikinstrumente erforschen auf unterschiedliche Weise kulturübergreifende Muster und Gemeinsamkeiten in den Orten.
Das vielfältige Miteinander thematisiert auch die Werkserie „Social Fabrics“ (seit 2017). Die Collagen, die durch fragmentierte und neu zusammengesetzte Teppichstücke entstehen, untersuchen die wechselseitigen Einflüsse zwischen verschiedenen Kulturen und betonen dabei das Verbindende.
Nevin Aladağ, geboren 1972 in Van, Türkei, und aufgewachsen in Stuttgart, studierte bis 2000 Bildhauerei bei Olaf Metzel an der Akademie der Bildenden Künste in München. Bekannt wurde sie durch ihre Beiträge zur documenta 14 und der 57. Venedig-Biennale. Ihre Arbeiten sind in renommierten internationalen Sammlungen vertreten und werden regelmäßig in Ausstellungen und Biennalen weltweit gezeigt. Nevin Aladağ lebt heute in Berlin. Seit 2019 ist sie Professorin für interdisziplinäres künstlerisches Arbeiten an der Hochschule für Bildende Künste Dresden.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Sergiy Bratkov
My Brother's Cats
09.06.2024 -
06.10.2024
Sergiy Bratkov (geb. 1960) ist bekannt für seine radikal verstörenden und schrillen Fotografien, die hinter der schönen bunten Oberfläche einen schonungslosen Zustandsbericht der Gesellschaft liefern.
Wie andere Mitglieder der „Charkiwer Schule der Fotografie“ hat er in den vergangenen 30 Jahren sein Hauptinteresse auf die soziale Fotografie gelegt. Im Frühjahr 2022 ist der seit 2004 in Moskau lebende Ukrainer nach Berlin emigriert. Sein Nachdenken, das in den letzten Serien vor allem den überholten Klischees der Sowjetzeit sowie dem neuen Habitus des kraftstrotzenden Ostkapitalismus in der Ukraine galt, ist nun von der aktuellen Realität brutal beiseite gewischt worden.
In der Ausstellung zeigt Sergiy Bratkov erstmals neue Bildzyklen und Videos, die ab dem Zeitpunkt des Überfalls Russlands auf die Ukraine entstanden sind. Aus dem ironisch beobachtenden Fotografen ist ein fragender Analyst geworden, dessen neue Serien die Schrecken des Krieges in der einstigen Heimat zu verarbeiten suchen, ohne in Hoffnungslosigkeit zu versinken.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Kaltes Tal
Florian Fischer & Johannes Krell
01.06.2024 -
28.07.2024
Videoarbeit aus der Mediensammlung des Kunstmuseums:
Überall sind wir von ihr umgeben: Natur. Welche verschiedenen Facetten die Natur annehmen kann, bilden die Filmemacher Florian Fischer (*1981) und Johannes Krell (*1982) in ihren drei Videoinstallationen ab.
In Kaltes Tal (2016) setzen sich die Filmemacher mit einem Paradoxon auseinander: Die menschengemachten Schäden in der Natur lassen sich nur durch weitere Zerstörung der Natur reparieren. Dies wird an einem Kalktagebau sichtbar. Das geborgene Material wird verarbeitet und durch eine Waldkalkung der Natur zurückgeführt, um der Bodenbelastung durch sauren Regen entgegenzuwirken. Ein Kreislauf wie eine Möbiusschleife – den irreversiblen Konsequenzen des Rohstoffabbaus geschuldet, um das fragile Gleichgewicht der Natur wiederherzustellen.
Ausstellung
unverschämt rebellisch
Sanja Iveković Ulrike Rosenbach Gabriele Stötzer
14.04.2024 -
30.06.2024
Radikale künstlerische Positionen beziehen Sanja Iveković (geb. 1949 in Zagreb), Ulrike Rosenbach (geb. 1943 in Bad Salzdetfurth) und Gabriele Stötzer (geb. 1953 in Emleben) seit den 1970er Jahren. Unabhängig voneinander entwickelten sie in den sehr verschiedenen politischen Kontexten ihrer Herkunftsstaaten eine Bildsprache, die gängige Geschlechterrollen und die damit verbundenen kulturellen Normen kritisiert.
Im Mittelpunkt ihrer Arbeiten steht immer die Frau: Bei Rosenbach und Stötzer fungiert der weibliche Körper als Ausdrucksmittel. Sie nutzen ihn als Leinwand oder um mittels Bewegung aus ihren Grenzen auszubrechen. Iveković verurteilt mittels ihrer Arbeiten die Objektifizierung des Frauenkörpers und die damit einhergehende Projektionsfläche für geschlechtliche Zuschreibungen.
Die Künstlerinnen verwenden die unterschiedlichsten Medien wie Performance, Fotografie, Textilien, Schrift, Malerei und Film, um die Geschlechtszuweisungen anzuprangern und den gängigen Bildern ihre eigenen Bilder entgegenzusetzen: mal laut in großangelegten Aktionen, mal leise in intimen Momenten, doch immer mit klarer Botschaft.
Ausgehend von ihren eigenen Biografien entstehen Werke, in denen sie das Verhältnis von Geschichte und Gegenwart vor dem Hintergrund ihrer weiblichen Identität thematisieren. Sie weisen auf Missstände hin und haben als Initiatorinnen bzw. Mitbegründerinnen von Frauenbewegungen aktiv das politische Geschehen mitgestaltet. Zum Ausdruck kommt dies in ihren Arbeiten durch zuweilen rigorosen künstlerischen Methoden, zu den sie greifen, und damit neue Ausdrucksmöglichkeiten aufzeigen, die für viele Gebiete der zeitgenössischen politischen Kunst wegweisend wurden.
Die Ausstellung präsentiert sowohl Fotografien, Videoarbeiten, Performances sowie Installationen aus dem Beginn des Schaffens von Ulrike Rosenbach, Gabriele Stötzer und Sanja Iveković als auch jüngere Werke.
Sanja Iveković (geb. 1949 in Zagreb) verknüpft künstlerische Praxis mit sozialem Aktivismus. Sie gilt als eine der ersten feministischen Künstlerinnen Kroatiens. In ihren frühen Arbeiten, die im Umfeld der jugoslawischen Bewegung „Neue Kunstpraxis“ entstanden, untersucht sie die Beziehung zwischen Massenmedien und Ideologie. Spätere Projekte erkunden die Transformation der Balkanländer von sozialistischen zu nationalistischen politischen Systemen. Ivekovićs Arbeiten kritisieren die Stellung der Frau in der Gesellschaft und die Darstellung von Frauen in den Medien. Sie konstatiert den Rückfall in ein patriarchales System und beschäftigt sich mit Gewalt gegen Frauen - ein Aspekt, der in den letzten Jahren vermehrt an Sichtbarkeit gewonnen hat.
Häufig verwendet Iveković schillernde Werbebilder, die Models zeigen, und setzt ihnen in Form von Text eine gesellschaftliche Realität entgegen, etwa von häuslicher Gewalt betroffene Frauen.
Sie lehrte seit der Gründung im Jahr 1994 am Zentrum für Frauenstudien in Zagreb und ist Gründerin von Electra – dem Frauenkunstzentrum Zagreb.
Ulrike Rosenbach (geb. 1943 in Salzdetfurth bei Hildesheim) gilt als Pionierin der Videokunst. Sie studierte an der Kunstakademie Düsseldorf bei Joseph Beuys und entdeckte früh das damals noch neue Medium des Videos für sich. In ihrer prozessualen und medienübergreifenden Arbeitsweise entstehen aus Performances Videos und aus Videos wiederum Installationen und Skulpturen. So schafft die Künstlerin gesamte Werkzyklen.
1969 kommt Rosenbach in Berührung mit dem amerikanischen Feminismus und wird selbst Teil dieser Bewegung. Ihre Themen sind die weibliche Identität und die Rolle als Künstlerin, Ehefrau und Mutter. Ulrike Rosenbachs Werk legt in ihren Arbeiten den Finger in die Wunde patriarchaler Rollenklischees und konterkariert sie mit anderen Weiblichkeitsbildern.
Gabriele Stötzer (geb.1953 in Emleben bei Gotha) behandelt in ihren Werken das (weibliche) Individuum, das sie in Gegensatz zu einer totalitären Gesellschaft stellt. Nach einem einjährigen Gefängnisaufenthalt wegen „Staatsverleumdung“ im Frauengefängnis Hoheneck kam sie über die Schriftstellerei zur Fotografie und zum Film.
Sie schuf unter anderem eine große Anzahl an Fotografien, die alle vom nackten weiblichen Körper ausgehen. In Performances und Inszenierungen mit anderen (Nicht-)Künstlerinnen enthebt sie den Körper aus dem alltäglichen und kontextualisiert ihn mit unausgesprochenen Erfahrungen und Verletzung.
Mit ihren Arbeiten bäumt sie sich gegen sozialistisch-kleinbürgerlich-dogmatische Tabus ihrer Zeit. Nur in der Kunst findet sie ihren Freiraum für ihr Engagement gegen Entmündigung und Reglementierung.
In den frühen 1980er-Jahren war Gabriele Stötzer Mitbegründerin der Erfurter Künstlerinnengruppe Exterra XX und 1989 der Bürger*inneninitiative „Frauen für Veränderung”. Im selben Jahr war sie Mitinitiatorin der Besetzung der Stasi-Bezirksverwaltung Erfurt.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Sven Johne
Das sowjetische Hauptquartier
08.03.2024 -
26.05.2024
Videoarbeit aus der Mediensammlung des Kunstmuseums:
Das sowjetische Hauptquartier (2023) spielt auf dem heute brachliegenden Gelände des ehemaligen Hauses der Offiziere in Brandenburg. Bis 1994 diente es als eine Art kulturelles Hauptquartier der in Ostdeutschland stationierten sowjetischen Truppen.
Das Anwesen ist Schauplatz eines Immobilien-Besichtigungstermins. Der zum Erfolg verdammte Makler Becker führt wortreich die vermeintliche Interessentin Katharina Baronn durch die verlassenen Räumlichkeiten. Im Verlauf des Films tritt der innere Monolog Baronns in den Vordergrund: Als achtjähriges Kind erlebte sie hier den Abzug der sowjetischen Truppen. Seither geistert eine sentimentale „Kinder-Sowjetunion“ (in Johnes Worten) als vermeintliche Alternative zum real existierenden Kapitalismus in ihren Erinnerungen.
In dem Video geht es um die Wirkmächtigkeit von Ideologien und um den Abschied von der Kindheit. Sven Johne verbindet in seinen Arbeiten das individuelle Narrative mit offizieller Geschichte, das politische Ernsthafte mit einfühlsamer Poetik. Er greift Themen auf, die oftmals die Gegenwart spezifisch ostdeutscher Zustände widerspiegeln. Dabei steht nicht nur die Transformation einer Gesellschaft, das Verschwinden eines ganzen Landes und seiner kulturellen Beheimatungen, im Mittelpunkt der Werke, sondern auch – wie hier im Film, persönliche Schicksale.
Die Videoarbeit konnte mit Mitteln des Landes Sachsen-Anhalt angekauft werden.
Katharina Baronn: Luise Helm
Becker: Marc Zwinz
Kamera/Beleuchtung: Steve Kfoury
Ton: Torsten Reimers / Michael Freitag
Schnitt: Sven Voß
Produziert / unterstützt von:
Fluentum / Brandenburgische Gesellschaft für Kultur und Geschichte
Ausstellung
Ulrich Wüst
Haltepunkte
26.11.2023 -
01.04.2024
Die Ausstellung „Haltepunkte“ schlägt mit ausgewählten Bildreihen einen großen Bogen durch das umfangreiche fotografische Werk von Ulrich Wüst. Arbeiten aus zehn Fotoserien, die zwischen 1984 und 2023 entstanden sind, werden gezeigt. Darunter befindet sich auch die jüngste Bildserie zur Elbe im Magdeburger Stadtgebiet mit dem Titel „Stromauf/Stromab“.
Ulrich Wüst gelingt es, in seinen Fotografien das festzuhalten, was normalerweise vom Alltag übertönt wird. Sein Blick für das Detail und sein genaues Hinschauen machen ihn zu einem Beobachter seiner Zeit, dem die kleinen Skurrilitäten des Alltags nicht entgehen.
In der Fotografie findet Ulrich Wüst zu Konzentration und Ausdruck, um seine Beobachtungen in die sie auslösenden Gedanken und Emotionen zu binden. Oft wirken seine Bildmotive wie aus dem Lauf der Zeit gelöst, dazu bestimmt, als Fotografien zu überdauern. Dabei fällt die Stille auf, welche alle seine Motive umgibt, seien es die menschenleeren Straßen in Magdeburg oder Berlin, Erkundungen entlang der Elbe, Blicke in Schaufenster oder Fundstücke des Alltags wie Glasscheiben oder Geldscheine. In der Art ihrer Beschreibung äußert sich die besondere Sensibilität des Fotografen für zeitgeschichtliche Abläufe und die sie begleitenden Veränderungen.
Der gebürtige Magdeburger entwickelt früh einen völlig eigenständigen szenischen Blick. Zunächst auf persönliche Dokumentationen fokussiert, entstehen bald in großer Zahl seine typischen Schwarzweißaufnahmen von Straßen und Gebäuden im generalisierten Blick auf die Stadt, auf ihre Schönheit und Vergänglichkeit, auf ihre Deformationen und Zumutungen. Mit den Jahren wendet sich Ulrich Wüst auch dem Inventar zu, an dem Menschen hängen, bestehend aus Fundgegenständen oder Alltagsbildern, die ihm der Zufall zuspielt. Er ist daran interessiert, die enthaltenen Spuren und Zeichen der Vergangenheit aus heutiger Sicht auszudeuten.
Ulrich Wüst wurde 1949 in Magdeburg geboren. Von 1967 bis 1972 studierte er in Weimar an der Hochschule für Architektur und Bauwesen im Fach Stadtplanung. Bis 1977 arbeitete er als Stadtplaner, vor allem in Berlin, wo er seit 1972 lebt. Von 1979 bis 1983 war Ulrich Wüst als Bildredakteur und Fotograf tätig. Seit 1984 arbeitet er freiberuflich als Fotograf. 2021 erhielt er den Kunstpreis des Landes Sachsen-Anhalt.
Fotoaktion
Ulrich Wüst hält auf seinen Fotografien nicht nur die Gebäude und Straßen in Magdeburg fest, sondern ermöglicht es uns - mit seinem Blick fürs Detail - unsere Umgebung neu und anders zu betrachten.
Wir sind auf der Suche nach Ihren ganz eigenen Blicken auf die Stadt Magdeburg, die Sie mit der Kamera festgehalten haben. Egal ob mit Smartphone oder Fotoapparat - es geht darum, Ihren Blick auf vermeintlich Alltägliches einzufangen und die Welt aus der persönlichen Perspektive zu zeigen.
Bilder können auf Instagram mit #wüst_inspiriert geteilt werden.
Die Ausstellung wird gefördert von:
Ausstellung
Ursula Wevers
Die Elbe vor der Nordsee
15.10.2023 -
03.03.2024
Flusslauf, Regen, Schiffsbewegungen und ab und zu Möwenflug, nichts von dem, was man in diesem Video sehen kann, verharrt, alles verbindet sich in einer Art Schwebezustand, in dem sich die sichtbaren Elemente kaum trennen wollen.
Ursula Wevers hat sich mit der Kamera in den Gang der Dinge gestellt. Die normale Fähigkeit einer Filmkamera den Zeitlauf aufzeichnend mitzuverfolgen, trifft auf die Wasser überströmte Unvorhersehbarkeit der Szenerie, doch obwohl so total vom nasskalten Wetter bestimmt, wirkt die Situation eigenartig besänftigt. Liegt es am Unabänderlichen des Wetters oder ist es die aufmerksame Geduld der Kamera, die sich davon nicht beeindrucken lässt, die uns zum Mitbeobachter des Naturschauspiels der Elbmündung macht?
Intuition und Erfahrung sprechen aus den dokumentarischen Mitteln der Videoarbeit, die abgesehen von wenigen Schnitten in Realzeit abläuft. Ursula Wevers sagt, dass sich diese Arbeit einfach aus der Situation ergab. Doch erweisen sich der Verzicht auf ein Stativ oder die Akzeptanz der Autoscheibe als wichtige Entscheidungen, um später die Ereignisse in die Augen der Betrachter*innen zu verlegen und um Regen und Kälte nah und fühlbar zu machen. Sie verstärken die atmosphärische Ambivalenz zwischen Tristesse und Hingabe, die sich unwillkürlich mitteilt und die all dem austauschbaren Grau vor der Kamera die natürliche Symbolik dieses Ortes gegenüberstellt.
Die Elbe vor der Nordsee lässt den Bogen zurückverfolgen in das Jahr 1969, als Gerry Schum und Ursula Wevers mit dem ersten Filmprojekt der Fernsehgalerie unter dem Begriff Land Art einer neuen Kunsthaltung zum Durchbruch verhelfen. Die Elbe vor der Nordsee zeigt genau das, was die Kamera der Künstlerin während einer knappen halben Stunde an diesem Ort aufnehmen konnte. Kaum scheint es möglich, sich mit filmischen Mitteln näher in die Natur zu begeben.
Ursula Wevers, Die Elbe vor der Nordsee (Still), 2001
Ausstellung
John Smith
Worst Case Scenario
01.12.2023 -
04.02.2024
Videoarbeit aus der Mediensammlung des Kunstmuseums:
Ein Fenster mit Blick auf den Fußgänger- und Fahrzeugverkehr an einer Straßenecke. „Worst Case Scenario“ besteht aus einer Sammlung von Standbildern, die das tägliche Leben an einer Wiener Straßenecke zeigen und erst im weiteren szenischen Verlauf vorsichtig in Bewegung geraten.
Es beginnt ein subtiles Spiel mit der Aufmerksamkeit de*r Betrachter*innen, denn was sich völlig alltäglich auf der Straße und unter den Passanten ereignet, scheint einer unsichtbaren Steuerung ausgesetzt. Allmählich läuft alles im Crescendo auf ein unvorhersehbares Ereignis zu.
Was bewegt die Menschen so zielstrebig durch die Straßen? Wie funktioniert der menschliche Wille, und wodurch findet er seine Richtung? Während sich die Wiener Straßenszene bereits in hektischen Abläufen und bedrohlicher Geräuschkulisse ergeht, zeigt sich unvermittelt der Autor am Fenster und bekennt sich zur Fiktion des Videos. Beruht alles nur auf einem simplen Irrtum, auf der englischen Lesart einer Wiener Ladenbeschilderung für Wurst & Käse?
„Worst Case Scenario“ wurde über den Zeitraum einer Woche aus einem Fenster mit Blick auf die Szene gedreht und erkundet die Mehrdeutigkeiten der Bilder. Dabei entwickelt der Film Themen, die sich auf das Beobachten und Beobachtetwerden, die Distanz und die unbehagliche Nähe konzentrieren. Während die statische Welt der Fotografien allmählich zum Leben erwacht, eröffnet der Soundtrack einen anderen, unsichtbaren Raum und eine zunehmend unwahrscheinliche Kette von Ereignissen und Beziehungen beginnt sich zu entwickeln.