KMd im ganzen, Fotografie
Tonsur des Kmd. Foto: Steffen Spitzner
Langhaus des Kmd.
Hochsäulige Kapelle im KMd

VOM CHORHERRENSTIFT ZUM KUNSTMUSEUM

Es war der von 1012 bis 1023 amtierende Magdeburger Erzbischof Gero, der nördlich des Domes ein der Muttergottes Maria – „Unser Lieben Frauen" – geweihtes Kollegiatstift gründete und dieses reich ausstattete. Eine Fundationsurkunde vom 13. Dezember 1015/16 gilt mittlerweile als mittelalterliche Fälschung, sodass man heute von einer Gründung um 1017/18 ausgeht. Von den anschließend entstandenen Stiftsgebäuden ist nichts erhalten, denn ab 1063/64 wurde unter Erzbischof Werner von Steußlingen (amt. 1063–1078), Bruder des Kölner Erzbischofs Anno (amt. 1056–1075), ein Neubau mit einer seinerzeit hochmodernen Kirche errichtet. Die bis 1078 erbaute kreuzförmige Säulenbasilika zu neun Jochen mit mittlerem und westlichem Pfeilerpaar sowie einer dreischiffigen Chorkrypta bildet bis heute den Kern der inzwischen säkularisierten Kirche, die seit 1977 für Konzerte genutzt wird (1977 bis 2020 „Konzerthalle Georg Philipp Telemann“). Auch an der Klausur wurde im 11. Jahrhundert gebaut. Bekannt ist, dass sich über den bis heute erhaltenen Grundmauern des Westflügels ursprünglich zwei große zweischiffige, von starken Pfeilern getragene Hallen befanden, die ein Eingangsjoch flankierten.

Krypta des KMd
Grab Norbert in Klosterkirche des KMd
Grab von Norbert im KMd

REFORM UND GEGENREFORM

1521 wurde in Magdeburg erstmals lutherisch gepredigt, 1525 zog der Rat die Kleinodien des Stifts unter dem Vorwand der Unterschutzstellung ein und untersagte ab 1547 über Jahrzehnte die gottesdienstliche Nutzung der Stiftskirche (und auch die des Domes), außerdem verlor das Stift sämtliche Patronate. Dennoch bedeutete dies nicht das Ende des Stifts. Obgleich die Zahl der Konventualen im Lauf des 16. Jahrhunderts kontinuierlich abnahm, blieben neben einigen Altgläubigen, die durch Auswärtige personelle Verstärkung erhielten, auch Stiftsherren im Kloster, die sich der neuen Glaubenslehre angeschlossen hatten.

Die während der Belagerung Magdeburgs 1550/51 beschädigte Kirche wurde, obwohl zu dieser Zeit Gottesdienste untersagt waren, unter Propst Johann Meyer (amt. 1576–1589) renoviert und sogar mit einer neuen Orgel sowie mit neuen Fenstern ausgestattet. In diese Zeit fällt auch die Heiligsprechung Norberts von Xanten. Im Zuge der Gegenreformation wurde 1582 durch Papst Gregor XIII. (amt. 1572–1582) auf Betreiben des in Prémontré ansässigen Generalabts Jean Despruets (amt. 1573–1596)  die Kanonisierung eingeleitet, auch wenn der hl. Norbert erst 1621 Aufnahme in den allgemeinen römischen Heiligenkalender fand.

Kreuzgang Foto außen vom KMd
Verwaltungsgebäude des KMd
Zerstörungs Fotografie des KMd

DAS KLOSTER AB DEM 17. JAHRHUNDERT: GRÜNDUNG EINER SCHULE

1650 erfolgte die Übereignung des bis dahin dem Erzstift Magdeburg gehörenden Klosters an Kurfürst Friedrich Wilhelm von Brandenburg. Mittlerweile lebten auch wieder einige protestantische Konventualen im Stift, die 1698 hier ein Pädagogium gründeten, eine Knabenschule, die nicht zuletzt der Vorbereitung auf das Theologiestudium dienen sollte. Mit der steigenden Popularität der pädagogischen Einrichtung wuchsen auch deren räumlichen Bedürfnisse, sodass es während der darauffolgenden ca. zweieinhalb Jahrhunderte zu zahlreichen Umbauten im Bereich der Inneren wie auch der Äußeren Klausur kam. So wurde 1780 das Refektorium durch Zwischenwände unterteilt, 1805 zog man sogar eine Zwischendecke ein. Einschneidender waren die 1848/53 erfolgten Baumaßnahmen unter Leitung Baurat Johann Heinrich L'Hermets (1806–1848). Es wurden die Reste des Dormitoriums abgerissen und an seiner Stelle ein Alumnatsgebäude errichtet. In ihm befinden sich heute die Verwaltung und die Werkstätten des Kunstmuseums. Der West- und der Nordflügel wurden damals aufgestockt und das bis dahin an den Ostflügel des Kreuzgangs angelehnte mittelalterliche Brauhaus mit Fachwerkobergeschoss durch einen neoromanischen Schulneubau ersetzt. Auch das Kreuzgangobergeschoss erhielt damals sein heutiges Erscheinungsbild; ein solches Obergeschoss gab es zwar bereits im 12. Jahrhundert, Hinweise auf seine Gestaltung fehlen jedoch.

Kleinplastiken der DDR im KMd
Sammlung Gegenwartskunst im Kmd.
Alicia Paz Ausstellung im Kmd

DAS KLOSTER WIRD KUNSTMUSEUM

Zukunftssichernd war der 1959 im Zuge der Wiederaufbaupläne der Stadt erfolgte Beschluss, das Liebfrauenstift fortan kulturell zu nutzen und es nicht – wie andere Magdeburger Kirchen – abzureißen. Ab 1960 wurde der Kreuzgang rekonstruiert, eine Mitte des 19. Jahrhunderts über dem Refektorium errichtete Aula abgerissen und der im Zweiten Weltkrieg zerstörte Westflügel in seinen romanischen Ausmaßen wieder aufgebaut, allerdings mit einem moderneren Äußeren nach Plänen des am Bauhaus geschulten Architekten und Denkmalpflegers Hans Berger. 1966 wurde das Kloster offiziell durch den Rat der Stadt in die Rechtsträgerschaft der Stadt Magdeburg übernommen, um hier ein Museum einzurichten.

Im Oktober 1975 konnten der Nord- und Westflügel als Kunstmuseum eröffnet werden, das 1976 Ort der neu aufzubauenden „Nationalen Sammlung Kleinplastik der DDR“ wurde. 1977 wurde in der Kirche die „Konzerthalle Georg Philipp Telemann“ eingerichtet, 1979 im ehemaligem Chorraum eine monumentale Konzertorgel aufgebaut. Außerdem wurde im Turm ein Geläut mit zehn Glocken installiert.

Sukzessive werden seitdem die Räume der ehemaligen Klausur für die Museumszwecke ausgebaut und modernisiert. 1989 wurde die Nationale Sammlungen um den Bereich „Großplastik“ erweitert und der Skulpturenpark im Klosterumfeld angelegt. Nachdem in Folge der politischen Wende 1989 die Nationale Plastiksammlung in den Besitz der Stadt Magdeburg übergegangen ist, wurde das museale Sammlungsspektrum erheblich erweitert, sodass die auf Kunst nach 1945 orientierte Sammlung mittlerweile auch zahlreiche Gemälde und Grafiken sowie einen umfangreichen Bestand an Fotografien, Videos und Installationen von Künstlern aus aller Welt umfasst bis hin zu einer riesigen, die Elbe überspannenden Lichtinstallation des italienischen Künstlers Maurizio Nannucci an der Hubbrücke, einer ehemaligen Eisenbahnbrücke. Heute gilt das Magdeburger Kunstmuseum als wichtigster Ausstellungsort für nationale wie internationale Gegenwartskunst in Sachsen-Anhalt.